Wander- und Saisonarbeit

Wanderarbeiter, Schnitter und Kontraktbrüche in Preußen und im Deutschen Reich

Bear­bei­tet von Peter Weidel

Nach der Defi­ni­ti­on des Euro­päi­schen Ver­ban­des der Wan­der­ar­bei­ter e.V. (EVW) sind als Wan­der­ar­bei­ter weder die nach den tra­di­tio­nel­len hand­werk­li­chen  Zunfts­ord­nun­gen  fremd­rei­sen­den und recht­schaf­fe­nen Gesel­len noch Migran­ten gemeint, son­dern sol­che Arbeit­neh­mer, die ihre fami­liä­re Anbin­dung im Hei­mat­land behal­ten und von aus­län­di­schen Arbeits­stel­len nach Hau­se zurückkehren.

In Deutsch­land gab es über vie­le Gene­ra­tio­nen hin­weg ein sta­bi­les Sozi­al­mi­lieu, das von sozia­ler Not getrie­ben aus wirt­schaft­lich schwa­chen Gebie­ten arbeits­su­chend umher­zog. Auf dem Kon­gress deut­scher Land­wir­te 1875 berich­te­te der Agrar­his­to­ri­ker Frei­herr von der Goltz über das Ergeb­nis einer Befra­gung zur sozia­len Lage und der Wan­der­be­we­gun­gen länd­li­cher Arbei­ter im Deut­schen Reich. Die Aus­wer­tung der Befra­gung ergab, dass eine Wan­de­rung länd­li­cher Arbei­ter in den meis­ten Tei­len Deutsch­lands in sehr umfas­sen­dem Maße statt­fand. Der grö­ße­re Teil der Wan­der­ar­bei­ter ver­ließ auf eini­ge Wochen oder Mona­te den häus­li­chen Herd, um dort, wo gro­ßer Arbei­ter­man­gel herrsch­te, die Arbei­ten in der Ern­te­zeit zu ver­rich­ten. Im nörd­li­chen Deutsch­land kamen die Wan­der­ar­bei­ter aus den dich­ter bevöl­ker­ten Gegen­den und gin­gen für den gan­zen Som­mer oder nur für die Ern­te­zeit auf die gro­ßen Güter des nörd­li­chen Deutsch­lands. Von der Goltz berich­tet wei­ter­hin, das das Ver­hält­nis der Wan­der­ar­bei­ter sehr wich­ti­ge gesell­schafts­po­li­ti­sche Sei­ten für das land­wirt­schaft­li­che Gewer­be und die länd­li­che Arbei­ter­be­völ­ke­rung hat.

Wanderungsbewegungen in Mitteleuropa

Seit 1890 waren die Sai­son­ar­bei­ter­wan­de­run­gen stark ange­stie­gen. Auf der Insel Feh­marn waren zu die­sem Zeit­punkt in der Ern­te­zeit bis zu 3.500 Wan­der­ar­bei­ter beschäf­tigt. Im Deut­schen Reich gab es vor dem Ers­ten Welt­krieg cir­ca 1,2 Mil­lio­nen aus­län­di­sche Wan­der­ar­bei­ter. Umge­kehrt fan­den deut­sche Wan­der­ar­bei­ter als so genann­te Hol­land­gän­ger in den Nie­der­lan­den, Bel­gi­en oder Frank­reich Sai­son­ar­beit. Die Hol­land­gän­ge­rei aus dem Gebiet des west­li­chen Han­no­vers, aus Olden­burg, und der Pro­vinz West­fa­len ent­stand bereits im 17. Jahr­hun­dert. Umge­kehrt wan­der­ten aber auch hol­län­di­sche Ern­te­hel­fer in die Rhein­pro­vinz und West­fa­len ein. Eben­so alt wie die Hol­land­gän­ge­rei sind im west­elbi­schen Deutsch­land die Wan­de­run­gen aus den rau­en Gebirgs­re­gio­nen in die frucht­ba­ren Ebe­nen der Wet­ter­au und dem Main­ge­biet. So ström­ten west­lich von Reut­lin­gen Ende 1890 zur Hop­fen­ern­te für sechs bis acht Wochen jähr­lich bis zu 4.000 Hop­fen­pflü­cker aus dem Schwarz­wald und den umlie­gen­den Regio­nen zusam­men. Eine wei­te­re Grup­pe von Wan­der­ar­bei­tern, die Mon­ar­chen, waren bereits nach 1850 in erheb­li­cher Anzahl beson­ders in Schles­wig-Hol­stein wäh­rend der Ern­te als Dre­scher tätig. Die Mon­ar­chen, fast aus­schließ­lich männ­li­che Arbeits­kräf­te aus allen mög­li­chen Beru­fen, aber auch aus der Land­wirt­schaft stam­mend, schlos­sen sich zu Ern­te- und Drusch­ko­lon­nen zusam­men. Die klei­ne Insel Feh­marn in der Ost­see beschäf­tig­te nach einer amt­li­chen Fest­stel­lung ab ca. 1897 1.632 Mon­ar­chen. In der Rhein­pro­vinz wur­den die ers­ten ost­deut­schen Wan­der­ar­bei­ter im Jah­re 1876 regis­triert. Die­se Arbei­ter gal­ten damals bereits als Spe­zia­lis­ten für Akkord­ar­bei­ten bei der Kul­tur der Hack­früch­te. In Mit­tel­deutsch­land war die bekann­tes­te Abwan­de­rungs­re­gi­on das Eichsfeld im Regie­rungs­be­zirk Erfurt. Vie­le der land­wirt­schaft­li­chen Arbeit­neh­mer wur­den im vori­gen Jahr­hun­dert noch in West­fa­len, Rhein­hes­sen, und Sach­sen beschäf­tigt. Ein wei­te­res Bei­spiel waren die Sach­sen­gän­ger. Die Wan­der­ar­bei­ter aus Schle­si­en, Ost­preu­ßen, oder Hes­sen-Nas­sau arbei­te­ten aus­schließ­lich in der Land­wirt­schaft. Die Abwan­dern­den fan­den in der Land­wirt­schaft und ande­rer Gegen­den leicht Arbeit, weil die Land­wirt­schaft gene­rell an einem star­ken Man­gel an Arbeits­kräf­ten litt.

Bauernbefreiung schafft Lohnarbeiter und Landflucht

Die­se Tat­sa­che erklärt sich aus der geschicht­li­chen Ent­wick­lung. Bekannt­lich waren die leib­ei­ge­nen Bau­ern zur Arbeit auf den Gütern ver­pflich­tet. Der deut­schen Land­wirt­schaft stan­den aber auch nach der Bau­ern­be­frei­ung genü­gend Arbeits­kräf­te zur Ver­fü­gung, denn bei der Durch­set­zung des Geset­zes wur­de ver­hin­dert, den nicht gespann­fä­hi­gen Klein­bau­ern die Eigen­tums­ver­lei­hung zu ver­sa­gen. Dadurch wur­den aus hun­dert­tau­sen­den klei­ner Bau­ern besitz- und land­lo­se Land­ar­bei­ter, die gezwun­gen waren in den land­wirt­schaft­li­chen Groß­be­trie­ben gegen Ent­gelt Arbeit zu ver­rich­ten. Wohl waren sie nicht mehr Leib­ei­ge­ne, durf­ten aber ihren Wohn­ort nicht ver­las­sen. Dadurch waren sie gezwun­gen Lohn­ar­beit zu ver­rich­ten. Durch das Frei­zü­gig­keits­ge­setz des nord­deut­schen Bun­des war es der besitz­lo­sen Land­be­völ­ke­rung mög­lich, vom Lan­de abzu­wan­dern. Durch die­se Wan­de­run­gen, all­ge­mein als Land­flucht bezeich­net, ver­lo­ren die land­wirt­schaft­li­chen Groß­be­trie­be die Arbeits­kräf­te, die sie zur Bewirt­schaf­tung ihrer Betrie­be benö­tig­ten. Die jähr­li­che  Abwan­de­rung wird  auf unge­fähr 200.000 Per­so­nen geschätzt. Zu die­ser Land­flucht kam hin­zu, das unge­fähr gleich­zei­tig eine Ver­än­de­rung der Fel­der­wirt­schaft einen erheb­lich höhe­ren Bedarf an Arbeits­plät­zen zur Fol­ge hat­te. Seit es den Berufs­stand der Land­ar­bei­ter gab, wur­de über die Abwan­de­rung aus der Land­ar­beit geklagt. Sie wur­de von den Guts­her­ren gern als Land­flucht bezeich­net, was ein wenig nach Fah­nen­flucht klang und der Sache einen schimpf­li­chen Anstrich gab. Dabei hat­te es ähn­li­ches schon frü­her gege­ben. Im Jah­res­be­richt das land­wirt­schaft­li­chen Pro­vin­zi­al­ver­eins für die Pro­vinz Bran­den­burg aus dem Jahr 1879 wird aus­führ­lich über Päch­ter berich­tet, die fast kei­ne eige­nen Leu­te haben und ihre Betrie­be nur mit Wan­der­ar­bei­tern bewirt­schaf­ten. In die­sem Zusam­men­hang wird auch über die zuneh­men­den Kon­trakt­brü­che der Arbeit­neh­mer wäh­rend der Haupt­ern­te­zeit berichtet.

Wanderarbeiter als Lohndrücker

Wie schon aus­ge­führt wur­den aus­län­di­sche Wan­der­ar­bei­ter bevor­zugt, weil sie bil­li­ger arbei­te­ten als die ansäs­si­gen Land­ar­bei­ter. Aus die­sem Grun­de betrach­te­te die ansäs­si­ge Arbei­ter­schaft die Wan­der­ar­bei­ter als Lohn­drü­cker, die sie tat­säch­lich auch waren. Die Schil­de­run­gen von Franz Reh­bein über sei­ne Erleb­nis­se im Sach­sen­gän­ger-Zug (auf der Eisen­bahn) betref­fen das Jahr 1881. Reh­bein war der Sohn eines hin­ter­pom­mer­schen Tage­löh­ners und wur­de von einem Kös­li­ner Agen­ten für eine Zucker­fa­brik in Schles­wig-Hol­stein als Och­sen­jun­ge ange­wor­ben. Über die Tätig­keit der anwer­ben­den Agen­ten berich­te­te er: “Um die Oster­zeit bereis­te ein Agent die Gegend, um Land­ar­bei­ter nach Sach­sen anzu­wer­ben. Alles konn­te der Mann gebrau­chen, Män­ner und Frau­en, Mäd­chen und Jun­gen. Schon eini­ge Jah­re vor­her hat­te er mit einem Schnit­ter zusam­men sowohl aus der Stadt, wie aus den umlie­gen­den Dör­fern gan­ze Trupps von Land­ar­bei­tern ange­wor­ben, die vom Früh­jahr bis zum Spät­herbst kon­trakt­lich zur Arbeit in den Zucker­fa­bri­ken in Schles­wig-Hol­stein ver­pflich­tet wor­den waren. Meis­ten­teils waren die­se Arbei­ter zum Win­ter wie­der in die Hei­mat zurück­ge­kehrt, jedoch hat­ten es zahl­rei­che Fami­li­en vor­ge­zo­gen der Hei­mat für immer Adieu zu sagen um dort zu blei­ben.” Die Wan­der­ar­bei­ter gehör­ten zu einer fes­ten Ein­rich­tung in der deut­schen Land­wirt­schaft. Nach dem Ers­ten Welt­krieg wur­de die Arbeits­lo­sig­keit in Deutsch­land immer grö­ßer, so dass die Gewerk­schaf­ten dar­auf dräng­ten, dass die Her­ein­nah­me aus­län­di­scher Arbei­ter solan­ge gedros­selt wird, bis die kata­stro­pha­le Arbeits­lo­sig­keit in Deutsch­land besei­tigt ist. Durch das kon­ti­nu­ier­li­che Drän­gen der Gewerk­schaf­ten gelang es, die Zahl der aus­län­di­schen Wan­der­ar­bei­ter all­jähr­lich zu verringern.

Ein Blick zurück ins alte Preu­ßen. Bis­marck, der sei­nen poli­ti­schen Freun­den durch­aus nicht immer allen Wil­len tat, hielt strikt an der Ein­wan­de­rungs­sper­re für pol­ni­sche und rus­si­sche Sai­son­ar­bei­ter fest. Weni­ge Mona­te nach sei­ner Ent­las­sung als Reichs­kanz­ler, Ende 1890, wur­de die­ses Ein­wan­de­rungs­ver­bot auf­ge­ho­ben. Nun waren die deut­schen Land­ar­bei­ter in den Groß­be­trie­ben des ost­deut­schen Getrei­de­bau­es, aber auch im übri­gen Deutsch­land, zu allem ande­ren auch noch dem Lohn­druck der russisch/polnischen Schnitt­erko­lon­nen aus­ge­setzt, die als anspruchs­lo­se Außen­sei­ter der Gesell­schaft in Schnitt­erka­ser­nen haus­ten und über Win­ter mit ihren beschei­de­nen Erspar­nis­sen in ihrer Hei­mat­dör­fer zurück­kehr­ten. Sie waren allein wegen ihrer Unkennt­nis der deut­schen Spra­che, aber auch wegen ihres ande­ren Glau­bens­be­kennt­nis­ses dis­kri­mi­niert. Unter stren­ger Lei­tung ihrer Vor­schnit­ter wirk­ten sie als Lohn­drü­cker. Nach den vor­lie­gen­den Sta­tis­ti­ken gab es in Preu­ßen 1905 rund  207.000 und 1906 etwa 237.000 aus­län­di­sche Sai­son­ar­bei­ter in der Land­wirt­schaft. Wei­te­re Doku­men­te bele­gen, dass ihre Zahl im Som­mer 1914 im Deut­schen Reich auf 433.000 klet­ter­te. Nicht rich­tig erweist sich an Hand der amt­li­chen Sta­tis­tik die Behaup­tung von von der Goltz, dass die Abwan­de­rung vom Land allein aus den Gebie­ten des Groß­grund­be­sit­zes kom­me. Zutref­fend ist, dass die Abwan­de­rung aus der Land­ar­beit vor­nehm­lich aus den Gebie­ten erfolg­te, in denen der Groß­grund­be­sitz vor­herrsch­te, und aus den Gebie­ten der Real­tei­lung mit zahl­rei­chen Kleinst- und Kleinbetrieben.

Die star­ke Abwan­de­rung änder­te jedoch nichts dar­an, dass die Land­ar­bei­ter wei­ter­hin bei schwe­rer kör­per­li­cher Arbeit und sehr lan­gen Arbeits­ta­gen schlecht bezahlt wur­den. Auf der Gene­ral­ver­samm­lung des Ver­eins für Sozi­al­po­li­tik 1893 in Ber­lin wur­de von einem Teil­neh­mer fest­ge­stellt, dass es für ganz Deutsch­land, ins­be­son­de­re auch für den Osten, eine Arbei­ter­fra­ge im Wesent­li­chen nur vom Stand­punkt des Arbeit­ge­bers gebe. Wenn auch die­ser Auf­fas­sung nicht all­ge­mein bei­gepflich­tet wur­de, so ist sie doch für den dama­li­gen Stand der land­wirt­schaft­li­chen Arbei­ter­fra­ge unge­mein bezeich­nend. Um die Erfor­der­nis­se ihres Betrie­bes erfül­len zu kön­nen wur­den immer höher stei­gen­den­de Zah­len an Wan­der­ar­bei­ter ange­for­dert. In gerin­gem Umfang gab es die­se schon, ehe von einem Rück­gang der ein­hei­mi­schen Arbei­ter­be­völ­ke­rung die Rede war. Aus amt­li­chen Unter­la­gen geht her­vor, dass bereits im 15. und 16. Jahr­hun­dert pol­ni­sche und masu­ri­sche Wan­der­ar­bei­ter zur Ern­te in die Bres­lau­er Gegend kamen. Von der Goltz berich­te­te, dass schon im 18. Jahr­hun­dert man­che Güter wäh­rend der Ern­te­zeit Wan­der­ar­bei­ter beschäf­tig­ten, die sie aus ent­fern­ten Gegen­den bezo­gen. Am frü­hes­ten und stärks­ten geschah die ver­mehr­te Her­an­zie­hung von Wan­der­ar­bei­tern infol­ge des in beson­ders gro­ßem Umfan­ge betrie­be­nen Zucker­rü­ben­an­bau­es in der Pro­vinz Sach­sen (daher Sachsengänger).

Mit wach­sen­der Abkehr der ein­hei­mi­schen Arbei­ter­be­völ­ke­rung von der Land­wirt­schaft reich­ten die aus den vor­ste­hend genann­ten Gebie­ten kom­men­den Wan­der­ar­bei­ter nicht mehr aus. Zunächst ver­lief die Anwer­bung der erfor­der­li­chen Arbei­ter noch aus den dich­ter bevöl­ker­ten Gegen­den wie haupt­säch­lich Schle­si­en, Posen, und West­preu­ßen. Als dies nicht mehr aus­reich­te, wur­de die Anwer­bung von Wan­der­ar­bei­tern auf Russ­land, Polen, Gali­ci­en (heu­te West­ukrai­ne) und zum Teil auch Ungarn aus­ge­dehnt. Die Wei­ter­ent­wick­lung der wirt­schaft­li­chen Ver­hält­nis­se nötig­te indes­sen auch die west­deut­sche Land­wirt­schaft, zu immer wach­sen­der Inan­spruch­nah­me der genann­ten aus­län­di­schen Anwer­be­ge­bie­te. In Preu­ßen stan­den im Jah­re 1906 240.000 aus­län­di­sche Arbei­ter in land­wirt­schaft­li­cher Arbeit. Die Inan­spruch­nah­me der aus­län­di­schen Anwer­bungs­ge­bie­te von Land­wir­ten aus fast allen Tei­len Deutsch­lands hat­te eine immer grö­ßer wer­den­de Knapp­heit an Arbeits­kräf­ten zur Fol­ge. Ver­schärft wur­de die Situa­ti­on noch, da auch die Land­wir­te ande­rer euro­päi­scher Staa­ten infol­ge ein­tre­ten­den Man­gels ein­hei­mi­scher Arbeits­kräf­te die aus­län­di­schen Arbei­ter mit Erfolg in immer wach­sen­den Umfang an sich zu zie­hen suchten.

Kontraktbruch

In den Jah­ren stär­ke­ren Arbei­ter­man­gels nahm nach Dar­stel­lung der His­to­ri­ker der Kon­trakt­bruch beson­ders stark zu. In den Jah­ren grö­ße­ren Arbei­ter­an­ge­bo­tes trat der Kon­trakt­bruch, ins­be­son­de­re der aus­län­di­schen Arbei­ter ver­stärkt auf, so dass die Fort­füh­rung der land­wirt­schaft­li­chen Betrie­be in den Haupt­ar­beits­zei­ten stark beein­träch­tigt wur­de. Infol­ge­des­sen wur­de die von der Land­wirt­schaft schon seit Jah­ren erho­be­ne For­de­rung nach ener­gi­sche­ren gesetz­li­chen Schutz­be­stim­mun­gen gegen den Kon­trakt­bruch als Mas­sen­er­schei­nung wider­holt. Der Kon­trakt­bruch der Wan­der­ar­bei­ter wur­de als gro­ßes Übel bezeich­net. Als Bei­spiel wur­de in einer Unter­su­chung der Ver­ei­ni­gung klei­ner Land­wir­te und Klein­be­sitz vor­ge­tra­gen: In Meck­len­burg Schwe­rin wur­den 1903 etwa 26.000 Schnit­ter beschäf­tigt, etwa 4.000 mehr als 1902. Davon waren über 60% Aus­län­der, gegen­über 30% im Jah­re 1902. In den dar­auf fol­gen­den Jah­ren waren die Kon­trakt­brü­che so häu­fig, dass das Ein­hal­ten des Ver­tra­ges zu den Aus­nah­men gehör­te. Bereits im Juni erklär­ten die Schnit­ter, wenn sie nicht den ver­ein­bar­ten Lohn erhiel­ten, wür­den sie die Arbeit nie­der­le­gen. Auch kamen immer mehr min­der­wer­ti­ge, dem Alko­hol erge­be­ne, Arbei­ter aus den öst­li­chen Län­dern wie Russ­land und Polen. Das früh ange­wor­be­ne Schnit­ter aus­nahms­los die Ver­ein­ba­run­gen bis zum Herbst ein­hiel­ten, gehör­te zu den sel­te­nen Erschei­nun­gen, so der Ver­fas­ser der Unter­su­chung. Ein Erb­hof­be­sit­zer schil­der­te die Schnit­ter­ver­hält­nis­se des Jah­res 1906 fol­gen­der­ma­ßen: “Mei­ne Schnit­ter haben sich im letz­ten Jahr nicht im Gerings­ten an den ver­ein­bar­ten Ver­trag gehal­ten. Das gegen­sei­ti­ge Aus­span­nen der Schnit­ter mit Hil­fe von Vor­schnit­tern und Agen­ten wur­de in Zei­tungs­an­non­cen ganz offen betrieben.”
In der Wei­ma­rer Repu­blik wur­de die Zulas­sung von aus­län­di­schen Sai­son­ar­bei­tern in der Land­wirt­schaft anfäng­lich beschränkt. Trotz­dem gab es 1929 wie­der 415.000 von ihnen.  Ab 1932 bestand völ­li­ge Ein­wan­de­rungs­sper­re für Sai­son-Land­ar­bei­ter. Aber bereits 1939 waren unter dem Nazi­re­gime wie­der 2.000 aus­län­di­sche Sai­son­ar­bei­ter in der deut­schen Land­wirt­schaft tätig, dar­un­ter vie­le Italiener.

Quel­len: Reh­bein, Franz: Das Leben eines Land­ar­bei­ters; Die inlän­di­schen land­wirt­schaft­li­chen Wan­der­ar­bei­ter Deutsch­lands, Insti­tut für Wirt­schafts­leh­re; Der Kon­trakt­bruch der Land­ar­bei­ter als Mas­sen­er­schei­nung, Carl Boldt­sche Hof Buch­dru­cke­rei, Ros­tock 1907; Dr. Men­dels­on, Franz: land­wirt­schaft­li­che Arbei­ter­fra­ge, 1909